Bewegung – wie eine Impfung für das Immunsystem
Gerade in der Corona-Pandemie kann die richtige Dosis Bewegung zum körperlichen Wohlbefinden beitragen und das Immunsystem stärken. Dies und mehr erfuhren die rund 90 Teilnehmer*innen in der Online-Veranstaltung „Bewegung – wie eine Impfung für das Immunsystem“ am Mittwoch, den 10.03.2021 mit Referent Dr. Leonard Fraunberger, Leiter der sportärztlichen Untersuchungsstelle iQ-Move, Vizepräsident des Bayerischen Sportärzteverbandes sowie Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie und Sportmediziner. Die Veranstaltung wurde von der Selbsthilfekoordination Bayern, kurz SeKo Bayern, im Rahmen der Fortbildungsreihe „Selbsthilfe informiert sich“ organisiert.
Sport und Immunsystem
Bewegung und Sport sind nicht nur gut für Psyche und Körper, sondern haben auch direkten Einfluss auf unser Immunsystem, erklärte Dr. Fraunberger anschaulich. Wissenschaftliche Untersuchungen haben gezeigt, dass die Zahl der natürlichen Killerzellen durch körperliche Belastung deutlich ansteigt. Zudem wird auch die Anzahl der B-Lymphozyten, die für die Produktion von Antikörpern verantwortlich sind, durch Bewegung erhöht. Nach dem Training, wenn das Adrenalin im Blut wieder sinkt, fällt auch die Zahl der Abwehrzellen wieder. Durch diese sanften Reize, die während moderatem Ausdauersport gesetzt werden, kommt es zu einem Trainingseffekt des Immunsystems. Je besser ein Mensch trainiert ist, desto besser ist auch sein Immunsystem. Entscheidend für den positiven Effekt auf das Immunsystem sei jedoch ein moderates Ausdauertraining, da dabei der Stressspiegel im Blut nicht so massiv ansteigt wie bei intensiven Trainingseinheiten. Wer sich zu sehr vorausgibt, schwächt sein Immunsystem kurzzeitig, da es neben der Infektabwehr auch noch damit beschäftigt ist, zerstörte Zellen abzutransportieren und geschädigte Teile des Muskelgewebes zu reparieren. Diese Phase, in der der Körper anfälliger auf Krankheitserreger und somit auch auf Infekte reagiert, wird auch als „Open Window Phänomen“ bezeichnet.
Um nach dem Sport zur besseren Regeneration beizutragen, spielt die richtige Ernährung eine wichtige Rolle. Es empfiehlt sich insbesondere, die Kohlenhydratspeicher aufzufüllen. Positiv wirken sich u. a. auch Omega-3-Fettsäuren, Probiotika und Vitamin D aus. Um den Wasserhaushalt wieder aufzufüllen, sollten 150 % des Gewichtsverlustes an natriumreicher Flüssigkeit getrunken werden.
Bewegung und Covid-19
Wie Studien zeigen, ist Adipositas ein wesentlicher Risikofaktor für einen schweren Covid-19-Verlauf bei jungen Menschen. Eine potenzielle Ursache für den schwereren Verlauf bei adipösen Personen könnte laut der Studienautoren eine verstärkte Entzündungsreaktion sein, die die Sauerstoffzirkulation im Blut blockiert. Dies könne möglicherweise erklären, warum die künstliche Beatmung bei diesen Patienten weniger erfolgreich sei. Weitere Risikofaktoren sind Diabetes und Bluthochdruck. Asthma spiele hingegen eine weniger große Rolle für schwere Covid-19-Verläufe.
Erste wissenschaftliche Ergebnisse bieten Hinweise, dass T-Zellen nachhaltig vor Covid-19 schützen könnten. Impfstoffe, die sie aktivieren, seien bereits in Arbeit, so Dr. Fraunberger. Killer-T-Zellen suchen nach Zellen, die mit dem Virus infiziert sind und zerstören sie. Andere, die Helfer-T-Zellen, sind wichtig für verschiedene Immunfunktionen, einschließlich der Stimulation der Produktion von Antikörpern und Killer-T-Zellen.
Fazit
Für einen gesundheitsfördernden Effekt und zur Unterstützung des Immunsystems gab Herr Dr. Fraunberger den Teilnehmenden mit auf den Weg, sich mindestens 150 Minuten in der Woche zu bewegen, bei 60-70 % der maximalen Herzfrequenz und möglichst 2000 kcal in der Woche durch die Bewegung zu verbrennen. Diese Kalorienmenge verbrennt eine 71kg schwere Person beispielsweise durch 4 km gehen am Tag. Wer regelmäßig körperlich aktiv ist, senkt außerdem sein Risiko für Demenz, Tumor- und Herz-Kreislauferkrankungen, wie wissenschaftliche Untersuchungen zeigen.
Fragerunde im Anschluss
So vielfältig wie die Selbsthilfe waren auch die Fragen der Teilnehmenden im Anschluss an den Vortrag, auf die Herr Dr. Fraunberger verständlich und präzise einging. So gab es beispielsweise den wichtigen Hinweis, bei einem Infekt (auch bei einem Magen-Darm-Infekt) gänzlich auf Sport zu verzichten, um das Immunsystem zu schonen. Schlimmstenfalls drohe sonst eine gefährliche Herzmuskelentzündung. Auf die Frage, wie die „richtige“ Trainingsintensität bestimmt werden könne, gab er den Tipp, auf die eigene Atmung zu achten. Wer sich z. B. beim Walken noch gut unterhalten kann, hat die richtige Intensität gefunden. Letztlich wirken sich selbst kleine Bewegungseinheiten positiv aus, denn jede Bewegung ist besser als gar keine, auch für Menschen mit Bewegungseinschränkungen oder chronischer Erkrankung und in jedem Alter.