„Trauen Sie sich zu vertrauen?! Vom Vertrauen in Beziehungen und in der Gesellschaft“
Am Dienstagabend, den 20. Mai 2025, fand im Club Orange der Volkshochschule Ulm ein inspirierender Vortrag mit Prof. Dr. Harald Gündel (Vorstandsvorsitzender des Selbsthilfebüro KORN e. V. und Ärztlicher Direktor der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie am Universitätsklinikum Ulm) statt, organisiert vom Selbsthilfebüro KORN im Rahmen der bundesweiten Aktionswoche Selbsthilfe 2025 des PARITÄTISCHEN Gesamtverbandes. Der Vortrag „Trauen Sie sich zu vertrauen?! – Vom Vertrauen in Beziehungen und in der Gesellschaft“ zog zahlreiche Besucherinnen und Besucher an.
Prof. Gündel, Vorstandsvorsitzender des Selbsthilfebüro KORN e. V. und Ärztlicher Direktor der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie am Universitätsklinikum Ulm, bezeichnete Vertrauen als „Grundstoff des Lebens“ und als Voraussetzung für ein gelungenes Miteinander. Gute zwischenmenschliche Beziehungen seien, so Prof. Gündel, der wichtigste Resilienzfaktor des Menschen, sie entstünden dort, wo Menschen einander vertrauensvoll begegnen.
Er betonte, dass erfüllende Beziehungen nicht nur das emotionale Wohlbefinden stärken, sondern auch die körperliche Gesundheit positiv beeinflussen. Die Neuroforschung zeige sogar, dass sich die Gehirne von Menschen, die einander vertrauen, synchronisieren – ein faszinierendes Phänomen, das die Kraft des Vertrauens verdeutlicht.
Wie kann Vertrauen wachsen? Prof. Gündel berichtete, dass Vertrauen entstehe, wenn Menschen sich gegenseitig in ihrem Wesenskern erkennen und so wahrnehmen, wie sie sich selbst sehen. Offenheit und das Teilen von Gefühlen und Gedanken erhöhen die Übereinstimmung der Fremd- und Eigenwahrnehmung. Wirklich vom anderen erkannt und richtig gesehen zu werden, könne „Kanäle öffnen“, so Prof. Gündel, wo Vertrauen „fließen“ kann.
Sich zu öffnen und Vertrauen aufzubauen entstehe schrittweise, im „Handlungsdialog“, und könne auch nicht immer in jeder Lebenssituation realisiert werden.
Wer jedoch vertraut, traut sich, auch Schwieriges, wie beispielsweise Konflikte, anzusprechen. Viele unserer Verhaltensmuster wurzeln tief in frühen Erfahrungen, sie sind oft unbewusst und können sich ein Leben lang fortsetzen. Insbesondere negative Verhaltensmuster können Ursache für Konflikte sein und sogar Brüche in Beziehungen auslösen. Probleme im zwischenmenschlichen Bereich offen anzusprechen, dem Gegenüber mitzuteilen, wie es einem wirklich geht, erfordert zwar Mut, ist aber von elementarer Bedeutung. Feed-Back anzunehmen und sich mit Kritik konstruktiv auseinanderzusetzen, birgt die Chance, negative Verhaltensmuster aufzudecken und zu verändern. Gerade darin liegt das Potenzial für das Wachstum von Vertrauen in Beziehungen und für eine persönliche Weiterentwicklung.
Evolutionsgeschichtlich war ein Überleben des Menschen nur gemeinsam mit anderen möglich. Das Eingebunden sein in eine Gruppe ist heute zwar nicht mehr überlebens-notwendig, aber gerade in Zeiten von Krisen, Kriegen und gesellschaftlichen Umbrüchen essenziell für die emotionale und auch für die körperliche Gesundheit. Der Mensch sei ein Gruppenwesen, so Prof. Gündel. Vielen falle es nicht leicht, eine Gruppe aufzusuchen, das könne jedoch geübt werden. Insbesondere Selbsthilfegruppen bieten die Gelegenheit, Gemeinschaft zu erleben und auch neue Verhaltensweisen zu entwickeln. In Selbsthilfegruppen haben Menschen die Möglichkeit, über ihre Erfahrungen zu sprechen und ihr Innerstes zu teilen. Hier dürfen sich Menschen so zeigen, wie sie wirklich sind.
Der Vortrag machte deutlich: Vertrauen in uns selbst, in unsere Mitmenschen und in die Gesellschaft stärkt die psychische als auch die körperliche Gesundheit und fördert die eigene persönliche Entwicklung. Umgekehrt führt ein Mangel an Vertrauen häufig zu Rückzug, Angst und Einsamkeit – mit weitreichenden Folgen für das seelische und körperliche Wohlbefinden. Viele Menschen erleben durch belastende Ereignisse oder schwierige Beziehungen einen Vertrauensverlust. Doch Vertrauen lässt sich neu lernen – durch gute Erfahrungen, offene, ehrliche und vertrauensvolle Begegnungen und mutige Schritte in Richtung Veränderung. Vertrauen ist nicht nur ein Geschenk, sondern vor allem auch eine Haltung, für die wir uns bewusst entscheiden können.
Prof. Gündel beendete seinen Vortrag mit den Worten:
„Trauen Sie sich zu vertrauen! Seien Sie mutig! Wagen Sie etwas Neues! Haben Sie gute soziale Beziehungen, schließen Sie sich einer Gruppe an! Das fühlt sich nicht nur gut an, sondern wirkt bis in die Zelle gesundheitsfördernd!“
